Wer wirklich vom E-Rezept profitiert und was wir Gutes für Sie tun können

Die zeitlichen Verzögerungen bei der Ausstellung und Signierung von E-Rezepten in der Telematik-Infrastruktur (kurz: TI) hat viele Arztpraxen dazu veranlasst, diese Tätigkeiten zu bündeln und in Ihrer Praxis-Organisation zeitlich nach hinten zu schieben. Arztpraxen stellen mehrere Stunden oder bis zu 2 Tage nach dem jeweiligen Patientenbesuch die E-Rezepte en bloc in der TI aus. Das E-Rezept ist nämlich auch ohne zusätzlichen Arzt-Patienten-Kontakt später ausstellbar, nachdem diese Karte bereits im Kartenlesegerät der Praxissoftware eingelesen wurde. Das Praxispersonal teilt dem Patienten dann mit, dass sein E-Rezept erst in 1 bis 2 Tagen mit seiner Versichertenkarte eGk  in der Apotheke auslesbar ist. Prinzipiell müssen dadurch viele Patienten nach ihrem Arztbesuch einen Weg extra antreten, um ihre Arzneimittel auf Rezept in der Apotheke einzulösen!

Was bedeutet das für Patienten, die altersschwach, gehbehindert oder mit dem Gedächtnis nicht mehr ganz so topfit sind? Sie werden für die Langsamkeit der TI als Ursache der zeitlichen Verzögerungen bei der Rezeptausstellung bestraft. Vergessliche, demente Patienten oder Menschen mit kognitiver Verzögerung vergessen oder haben nicht verstanden, dass ihr Rezept digital auf zentralen Servern gespeichert wurden und nur mit ihrer Versichert-Chipkarte eGk über Kartenlesegeräte in der Apotheke auslesbar ist. Sie fragen dann in ihrer Arztpraxis nach: „Wo bleibt eigentlich mein Rezept?“

Unser Tipp für Patienten: Fordern Sie Ihr E-Rezept als ausgedrucktes Papier-Token  bei Ihrer Arztpraxis an! Laut Gesetz (§ 360 Abs. 9 SGB V) entscheidet nicht die Arztpraxis, sondern der Patient, ob sein E-Rezept mit dem QR Code /Token auf die Versicherten-Chipkarte oder als Papierausdruck barrierefrei ausgestellt wird. Mit dem Papierausdruck des E-Rezeptes kann der Patient diese zeitnah & unabhängig von etwaigen technischen Störungen und in der Apotheke seiner Wahl abgeben, auch wenn das E-Rezept noch nicht digital von seinem Arzt signiert wurde. In diesem Fall kann der Patient sich vom Botendienst dieser Apotheke beliefern lassen, ohne extra Wege antreten zu müssen! Besser noch ist die Nutzung einer Bestell-APP

Auch viele Apotheker in der Nähe von Arztpraxen fragen sich daher: „Wo bleiben die Patienten?“, wenn E-Rezepte auf die Patientenkarte eGK vom Arzt stark zeitverzögert signiert werden. Die Zahl der wirtschaftlich bedingten Schließungen von Apotheken nimmt rasant zu, nicht nur wegen der fehlenden Honorarerhöhung seit 20 Jahren, sondern durch diesen gravierenden Eingriff des Gesetzgebers in die Arzneimittel-Versorgungsstruktur, der mangelhaften Digitalisierung ärztlicher Verordnungen.

Der Gesetzgeber hatte mit dem E-Rezept die Gewinnung von Gesundheits- und Rezept-Verordnungsdaten im Sinn sowie die Bedienung der wirtschaftlichen Einzelinteressen ausländischer Versandapotheken. Das Bundesgesundheitsministerium ist Hauptgesellschafter der Gematik GmbH, der sogenannten nationalen Gesellschaft für digitale Medizin. Die Gematik hatte im Vorfeld keinerlei umfassende Pilotierung mit Stresstests der Hard- und Software-Systeme veranlasst. Obwohl klar war, dass täglich insgesamt 7 bis 9 Millionen Zugriffe auf die TI erfolgen werden, wenn es um Ausstellung oder Auslesung von E-Rezepten geht. Seit Wochen gibt es gehäufte technische Ausfälle oder Fehler beim Ausstellen und beim Auslesen der E-Rezepte, verursacht durch eine nicht redundante TI, welche durch das Bundesgesundheitsministerium letztlich gestellt und an IT-Unternehmen beauftragt wurde! Die technologische Basis, auf der die TI aufbaut, ist nach Einschätzung von IT-Experten völlig veraltet und viel zu kompliziert: So basieren z. B. alle Dienste der TI auf jeweils unterschiedlichen Kommunikationsstandards – ein Unding. Alle TI-Dienste wurden zugleich in utopisch rasantem Tempo eingeführt und keiner der sechs TI-Dienste funktioniert bislang wirklich – und das in einem Markt mit knapp 100 Krankenkassen und 100 verschiedenen Arztpraxis-Softwarelösungen.

Apotheken entstehen enorme wirtschaftliche Schäden durch diese Ausfälle. Die Versorgung der Bevölkerung mit dringend benötigten Arzneimitteln ist so nicht mehr gewährleistet. Bis jetzt hat Bundesgesundheitsminister Lauterbach zu den offenkundigen Problemen und technischen Fehlfunktionen des E-Rezeptes keine Lösungen geliefert. Er streitet seine Verantwortung ab in drei gravierenden Problemfeldern: An der technischen Redundanz der TI mit einwandfreier Funktionalität des E-Rezeptes, an den wirtschaftlichen Verlusten der Apotheken und an den Versorgungsausfällen der Bevölkerung mit Arzneimitteln.